Streamfinish - die umweltschonende Alternative zu chemisch beschleunigten Verfahren
Gleitschleifen: Hochbelastete Zahnräder in der Luftfahrt
Zur Nachbearbeitung von industriell gefertigten Bauteilen aus Metall existieren verschiedene Verfahren und Prozesse. In Bezug auf Größe, Geometrie, Material und Bearbeitungsaufgabe gibt es Vor- und Nachteile. Unter Berücksichtigung der Aspekte Gesundheit, Umwelt und Wirtschaftlichkeit, vergleichen wir vier am Markt etablierte Verfahren am Beispiel der Bearbeitung eines Zahnrads.
Ein Zahnrad - viele Herausforderungen für die Bearbeitung
Für den Einsatz in der Luftfahrt werden viele hochbelastete Zahnräder aus Stahl äußert präzise geschliffen und hoch gehärtet (> 60 HRC). Die Oberfläche ist zäh und fest. Damit sie später ihre Funktion sicher und zuverlässig erfüllen können, ist eine makellose und äußerst isotrope, also eine in verschiedene Richtungen sehr gleichförmige, Oberflächenstruktur unverzichtbar. Neben einer Glättung auf unter Ra 0,1µm, dürfen die Oberflächen der Evolvente keinerlei Welligkeit oder Schleifrillen aufweisen. Des Weiteren müssen die Kanten an den Seiten und am Zahnkopf eine homogene Verrundung aufweisen.
Nicht alle Bearbeitungswege führen ans Ziel
Die Anforderung ist klar – es stellt sich jetzt die Frage nach dem Verfahren, mit dem das Ziel bestmöglich erreicht werden kann.
Eine Möglichkeit ist das manuelle oder mechanische, robotergeführte Glätten und Verrunden. Hierbei ist die Bearbeitungsqualität innerhalb des Werkzeug-Lebenszyklus nicht konstant, denn durch die voranschreitende Abnutzung der Schleifscheibe oder Bürste wird das erzielte Oberflächenfinish im Laufe der Zeit immer unpräziser.
Beim Bearbeiten von innenliegenden Geometrien liefern beide Vorgehensweisen sehr ungleichmäßige Ergebnisse, da sich die Werkzeuge nur bedingt an das Bauteil anpassen können und die Positionierung in engen Geometrien schwierig bis unmöglich ist. Bauteile mit sehr engen Toleranzen lassen diese Verfahren endgültig an ihre Grenzen stoßen und scheiden daher aus.
Nach dem heutigen Stand der Technik erfolgt die Bearbeitung oft im Trogvibrator. Der Einsatz bestimmter säurehaltigen Prozessflüssigkeiten verkürzt dabei die Prozesszeit. Diese Prozessflüssigkeiten können unter anderem Mischungen aus Phosphatsalz, Phosphorsäure, Oxalsäure, Natriumoxalat, Sulfat, Natriumhydrogencarbonat, Chromat, Natriumchromat, Chromsäure und Schwefelsäure enthalten.
Die meisten dieser Stoffe sind Gefahrgüter und es bedarf besonderen Schutz bei der Handhabung. Die Stoffe Natriumchromat und Chromsäure werden nach der REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation of Chemicals) als besonders besorgniserregend eingestuft: krebserregend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend (Natriumchromat).
Sowohl Schwefelsäure, Oxalsäure und Phosphorsäure, als auch die bereits erwähnten Stoffe Natriumchromat und Chromsäure gelten als ätzend und zum Teil auch als giftig. Daher werden die meisten dieser Stoffe nach GHS-Gefahrstoffkennzeichnung wie folgt eingestuft:
- Akute Toxizität
- Gewässergefährdend
- Diverse Gesundheitsgefahren
- Auf Metalle korrosiv wirkend, hautätzend, schwere Augenschädigung
Das Verfahren erfüllt die Anforderungen in punkto Bearbeitungsaufgabe, aber die Prozessflüssigkeit ist in der Regel nur einmal einsetzbar und muss nach Bearbeitungsende ausgetauscht werden. Es entstehen hohe Kosten für Beschaffung, Neutralisierung und Entsorgung, die die Wirtschaftlichkeit schmälern. Der Einsatz von Gefahrstoffen birgt zudem wie geschildert Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt.
Am Markt angeboten werden auch sogenannte trockene Elektropolierverfahren zum Polieren von Metallwerkstücken in einem Arbeitsgang. Sie funktionieren mit Elektrolyt in Granulatform, so können auch innenliegende Geometrien erreicht und bearbeitet werden. Je nach Granulat-Werkstückgeometrie-Konstellation kann sich Elektrolyt jedoch im Werkstück verklemmen.
Ein großer Verfahrensnachteil ist, dass die durch formgebende Schleifprozesse bedingte Welligkeit im Elektropolierprozess nicht beseitigt werden kann - die Abtragsleistung ist schlicht zu gering. Die durchschnittlichen Prozesszeiten werden von 30 Minuten bis zu mehreren Stunden angegeben. Außerdem werden prozessbedingt nur exponierte Stellen stark bearbeitet. Nach einer vorgegebenen Nutzungsdauer muss das Elektrolyt Granulat ebenfalls als Sondermüll entsorgt und kostenintensiv neu beschafft werden.
Streamfinish - die umweltfreundliche Alternative
Eins vorweg - Streamfinish liefert vergleichbare Ergebnisse zum chemisch beschleunigten Gleitschleifen. Aber: Streamfinish setzt dabei ausschließlich auf eine rein mechanische Bearbeitung und kommt ohne die Säure oder Elektrolyt-Granulat aus, was die Wirtschaftlichkeit der Nachbearbeitung steigert.
Warum funktioniert Streamfinish?
Im von OTEC entwickelten Streamfinish-Verfahren werden Bauteile in einen Halter eingespannt und in einen sich drehenden, mit Schleif- oder Poliermitteln gefüllten Behälter eingetaucht. Durch das zusätzlich rotierende Werkstück und der dabei entstehenden Relativbewegung zwischen Bauteil und Media wird eine homogene Bearbeitung ohne manuelle Arbeit erzielt. An komplexen Geometrien werden so hochpräzise Oberflächen mit Rauheiten bis zu Ra 0,01 µm erzielt.
Aufgrund der enormen Bearbeitungskräfte, kann gezielter und schneller abgetragen werden, als es bei jeder anderen Art der Oberflächenbearbeitung der Fall ist. Feines Media erreicht innere Geometrien und bearbeitet diese problemlos.
Läuft wie geschmiert: Verschleissresistente Zahnräder dank Streamfinish!
Im Zusammenspiel von Zahnrädern sorgt ein Schmierfilm zur Reduktion von Reibung und Verschleiß. Im Streamfinish Verfahren entstehen mikroskopisch kleine Schmiertaschen an der Oberfläche - in ihnen lagert sich Schmierstoff ab und stellt somit ein Prozessvorteil dar. Denn ist die Oberfläche zu eben und zu glatt, kann es zu einem Schmierfilmabriss zwischen den ineinandergreifenden Zähnen kommen, was ein Fressen des Getriebes und somit den Totalausfall zur Folge hat.
Zahnräder werden durch die Bearbeitung im Streamfinish-Verfahren ganzheitlich verbessert. Darunter versteht sich das Einebnen der Oberfläche und das Entfernen von Rauheitsspitzen beziegungsweise Bearbeitungsriefen. Somit ergeben sich eine isotrope Oberfläche sowie eine gemeinsam mit dem Kunden abgestimmte Rauheit.
Im Streamfinish-Verfahren bearbeitete Zahnräder werden durch einen hohen Eintrag von Reibenergie bereits für den späteren Einsatz vorbereitet („Einlaufen“). Neben der Verringerung von Reibung und Verschleiß, entsteht an der Oberfläche eine Scherschicht. In dieser Schicht werden Gefügeveränderungen und Druckeigenspannungen erzeugt, welche das Zahnrad im günstigen Maße für den Einsatz konditionieren.
Streamfinish vermeidet Ausschuss
Das Streamfinish-Verfahren erzielt eine äußert geringe Prozessstreuung von nur 1 µm - im Vergleich zu chemisch beschleunigten Verfahren streut dieser Prozess 5 – 10 mal weniger. Dies bedeutet für die Produktion, dass ein Großteil des Toleranzbands für den vorgelagerten formgebenden Schleifprozess zur Verfügung steht.
Somit kann die Ausschussrate, die auf eine hohe Streuung des Finishing Prozesses zurückzuführen ist, vollständig vermieden werden. Bei hochpräzis geschliffenen Zahnrädern bedeutet dies Einsparungen im bis zu 5-stelligen Bereich - je vermiedenem Ausschussstück.
Anwendungsbeispiel hochbelastetes Zahnrad
Vor der Bearbeitung (links):
Ra 0.19 µm
Rz 1,358 µm
Rpk 0,418 µm
Nach der Bearbeitung (rechts):
Ra 0,042 µm
Rz 0,551 µm
Rpk 0,139 µm
Ausgangszustand
- Stahl, gehärtet, 60+ HRC, hochpräzise geschliffenes Zahnrad
- Eingangsrauhigkeit: Ra of 0.19 – 0.21 µm
- Prozesszeit: 20 - 35 min
Bearbeitungsergebnis
- Äußerst isotrope Oberfläche
- Endrauhigkeit: Ra 0,042 – 0,084 µm
- Beseitigung von Riefen und Rillen
- Homogene Kantenverrundung
- Äußerst geringe Prozessvariation
- Einbringen mikroskopisch kleiner Schmiertaschen in die Oberfläche
Profitieren Sie von OTEC Streamfinish
- Schnelles und effizientes Entgraten, Kantenverrunden sowie Glätten in einem Schritt
- Äußerst geringe Prozessvariation (1 µm) im Vergleich anderen Verfahren (~5-10 µm)
- Äußerst hohe Prozesssicherheit durch den Einsatz von Betriebsmischungen
- Äußerst isotrope Oberfläche
- Keine Rauheitsspitzen (Rpk < 0,1 μm): weniger Verschleiß, kein Einlaufen notwendig, längere Ölstandzeit
- Geringes Risiko für Graufleckigkeit
- Kostengünstiger Prozess, da kreislauffähig
- Keine kostenintensive Entsorgung der Verfahrensmittel
- Kein Handling mit gefährlichen Chemikalien
- Sehr kurze Bearbeitungszeiten - 4 mal schneller als das chemisch beschleunigte Verfahren
Geeignet ist Streamfinish unter anderem für Bauteile mit komplexen Geometrien, einem Gewicht von bis zu 200 kg und einem Durchmesser bis zu 650 mm, wie zum Beispiel Turbinenscheiben, Turbinenschaufeln, Blisks, Servoventile oder Zahnräder für die Luftfahrt.
Prozessfindung mit OTEC Präzisionsfinish Experten
Unabhängig von Geometrie und Anforderung an die Oberflächenstruktur oder Bearbeitungsaufgabe: Bei der Prozessfindung steht Ihnen das Expertenteam des OTEC Finishing Centers zur Seite. Gemeinsam finden wir den für Ihr Bauteil geeigneten Prozess. Vereinbaren Sie direkt einen Termin um bei Ihrer Musterbearbeitung dabei zu sein. Mehr zur individuellen Musterbearbeitung hier.